Von einem ins andere Extrem - Jenni in ihrer Reinform

Wer bin ich und wenn ja, wie viele? 

Und wie viele Gefühle kann man innerhalb kürzester Zeit haben?

Ich bin müde. Ich bin erschöpft. Wir sind seit einigen Stunden unterwegs. Kurz bevor wir heimkommen, erhalten wir die Nachricht, dass es noch Lebensmittel zu retten gibt. Also fahren wir nochmals los. Wir kommen an einem Hof an, auf dem wir noch nie waren. Während wir die Lebensmittel in unseren Korb packen, kommt ein Hund auf uns zu gerannt und bellt wie verrückt. Er wird irgendwann zurückgerufen. Das ganze wiederholt sich mehrmals. Manchmal kommt er mir so nahe, dass ich flüchte. Mein Mann fragt mich, ob wir dieses oder jenes auch mitnehmen…der Hund kläfft…das Kind fragt etwas…ein anderer Mensch redet auch noch mit uns…ich kann nicht mehr…wieder bellt der Hund…das Geräusch geht durch meine Ohren und fährt mir durch den ganzen Körper. Ich will weg hier. “Noch eine Aubergine und sollen wir auch das Brötchen mitnehmen, was meinst du?!” “Wuff!” - Was ich meine??? Ich bin im Overload und kann mich absolut nicht mehr konzentrieren. Ich meine weinen zu müssen. Ich bin kurz davor und laufe noch ein Stück weiter weg. Versuche alles zu ignorieren und auszublenden und erfreue mich am Anblick des Sonnenuntergangs.

Die Hundebesitzer fragen nach, ob ich schlechte Erfahrungen gemacht hätte…ja, hab ich…ja, sie wären auch schon mehrmals gebissen worden…ist halt so…äh ne…und ich mein selbst, wenn ich nicht schlechte Erfahrungen mit Hunden gemacht hätte…meine Angst ist valide, aus welchen Gründen auch immer. Es ist einfach ein Fakt. Punkt. Ich muss mich dafür nicht rechtfertigen! Das muss ich aber auch noch lernen. “Ich habe Angst!” sollte ausreichen! Wegen eines Traumas, wegen einer psychischen Krankheit, wegen meines Autismus und dem Geräusch, das mich immer mehr in den Overload brachte…wurscht! Ich plädiere für mehr Akzeptanz und Respekt!

5 Minuten später.

Wir haben den Hof verlassen und ich will mehr von diesem Stück Land sehen und den Sonnenuntergang weiter bewundern. Ich rufe meinem Mann entgegen, dass ich schon mal vorgehe und renne und renne und renne mit wedelnden Armen und purer Freude im Herzen…die Landstraße entlang, vorbei am Gebüsch, bis ich freie Sicht auf ein wunderschönes Feld habe. Ich rannte in die Freiheit, in meine ganz eigene Form des Stimmings. In meine eigene Form der Heilung meines Overloads. Meine Meltdown-Energie ins Positive umgewandelt.