Trauer in Wellen

Ich schnibbel fröhlich das Obst für das Frühstück. Meinen Gedanken lasse ich freien Lauf. Automatisch denke ich an dich. Mir fällt eine Situation ein. Ein Moment. Eventuell wie du mir früher Obst geschnitten hast. Vielleicht auch denke ich an deine letzten Worte. Oder ich frage mich, was du gedacht und wie du dich gefühlt haben magst. Das werde ich nie erfahren. Das schmerzt. Es tut mir weh. Diese Gewissheit. Die einzige Gewissheit. Es bereitet mir Bauchschmerzen und Unwohlsein. Und die erste Träne fließt. Die erste für heute. Und nicht die letzte. Nicht für heute. Und nicht für immer. Ewig werde ich an dich denken. Mal denke ich einfach so an dich und über dich und uns nach. Mal denke ich mit einem Lächeln an dich. Und mal mit starker Trauer und Unverständnis. Ich vermisse dich. Ich will dich zurück. Ich suche dich bei jedem Spaziergang und ich prüfe täglich immer noch auf dem Festnetz, ob du angerufen hast. 

Ich gehe achtsam spazieren. Um den Kopf frei zu bekommen und die frische Luft zu atmen. Meinen Gedanken lasse ich freien Lauf. Automatisch denke ich an dich. Mir fällt eine Situation ein. Ein Moment. Eventuell wie wir zusammen spaziert sind. An sehr vielen verschiedenen Orten. Mal mochte ich es, mal nicht. Vielleicht denke ich auch an die doofen Worte, die wir gewechselt. Warum wir das gemacht haben. Ob ich es bereue oder ob ich weiter dazu stehe, weil ich in diesen Momenten so gefühlt habe und es ja auch nichts daran ändert, dass ich dich dennoch liebe und immer geliebt habe. Egal was war. Oder ich frage mich, wie es wohl gewesen wäre, wenn wir zusammen alles hätten noch aufarbeiten, bewältigen und aus der Welt schaffen können. Um in Zukunft weniger Konflikte zu haben und besser miteinander umgehen zu können. Vor kurzem hatte ich noch die Idee dazu. Ich hätte gerne noch mit dir darüber gesprochen wie ähnlich wir uns in mancherlei Hinsicht sind und uns durch unsere Eigenheiten aneinander gerieben haben. Es hätte sicher Wege und Möglichkeiten gegeben, damit wir beide lernen anders miteinander umzugehen.

Ich spiele mit meinem Kind. Ich bin völlig abgelenkt. Wunderbar. Plötzlich schießt ein Gedanke durch meinen Kopf. Ein Gedanke an dich. Daran, dass du so vieles nicht mehr erleben wirst. Dass du dieses Kind geliebt und völlig in dein Herz geschlossen hast. Dass du es nicht aufwachsen siehst und nicht plappern hörst. Nie wieder. Keine Meilensteine und Entwicklungsschritte und genialen Sätze kann ich dir mehr erzählen. Du siehst nicht sein Gesicht mit Brille und mit welchem Stolz es sie trägt, wie es sie alleine anzieht und manchmal auch eine Pause davon braucht. Und wer weiß vielleicht kommt irgendwann eine Zahnspange oder ein neuer von ihm gewünschter Haarschnitt. Ich konnte dir nicht erzählen, wie sehr das Kind Karussell fahren liebt und es immer selbstbewusster Eis alleine bestellt. Es schmerzt, das alles zu wissen. Ich hätte dir mehr Lebenszeit mit diesem Kind gegönnt. Es ist einfach nicht gerecht und so furchtbar gemein und ich will es in die Welt hinaus schreien. 

Ich sitze da und bin betrübt. Das Wetter ist bewölkt und regnerisch. Ist mir eigentlich lieber als diese enorme Hitze. Vertrage ich besser. Und doch irgendwie schlechter. Es zieht mich runter und lässt auch mein Inneres bewölkt und dunkel erscheinen. Ich brauche Ablenkung und mache mir Listen, um immer beschäftigt zu sein. Dennoch drängst du dich immer wieder dazwischen. Da gibt es einen Tag, da denke ich wenig an dich oder wenn ich an dich denke, ist es okay. Dann kann es mich vom einen auf den anderen Moment dennoch erwischen und ich denke, komisch, bis eben war doch noch alles gut. Oder es gibt Tage, die sind von vornherein doof. Oder ich muss sofort heulen, wenn ich an dich denke, weil ich den Gedanken an dein Fernbleiben nicht ertrage. Gestern lag mein Kind mit Fieber flach. Klar, musste ich wieder an dich denken. Wie du mich gepflegt hast, als es mir schlecht ging. Verstehst du? Es ist egal, was ich tue. Ob ich mal glücklich bin oder scheinbar abgelenkt oder ob es ein doofer Tag ist. Ich muss letztendlich immer an dich denken. An ähnliche Situationen, an Dinge, die ich dir gesagt habe, die du gesagt hast, die wir gemeinsam getan haben. An die Dinge, die ich dir nicht mehr erzählen und dir keine Freude damit machen kann. Du gehst mir nicht aus dem Kopf. Du schleichst dich immer wieder in meine Gedanken. Ob bewusst oder unbewusst. Immer wieder denke ich an dich. Ich vermisse und liebe dich.

Ich höre nun auf mit schreiben und schaue nach, ob du auf dem Festnetztelefon angerufen hast. Eigentlich hasse ich telefonieren. Ich habe es nur angeschafft, damit wir beide darüber telefonieren können. Du telefonierst gerne. Du kannst doch nicht einfach nicht mehr anrufen.