Ordnung und Glück
Die Dose mit den Pflastern steht offen auf der Kommode. Meine Jacke liegt auf dem Wohnzimmerboden. Die 2 Putztücher ganz in der Nähe davon. Das Frühstücksgeschirr steht noch auf dem Esstisch. Ich laufe Slalom durch dein Spielzeug, um deine Wunde am Fuß zu verarzten. Auf dem Weg zurück ins Bad, um dort den blutigen Waschlappen auszuwaschen, seh ich die leere Klopapierrolle, die mich klagend anschaut, genau wie die Verpackung des WC-Reinigertabs, die achtlos auf der Ablage liegt. Der Rucksack mit dem Einkauf ist noch unausgepackt. Und was sich hier wie eine Horrorstory anhört, ist das wahre Leben.
Es hatte übrigens einen Grund, dass die Putztücher auf dem Boden lagen. Ich wollte ursprünglich sauber machen. Doch dann sind wir nach einem Gefühlsausbruch deinerseits plötzlich im Garten gelandet. Du wolltest das, was der Sturm angerichtet hat, wieder in Ordnung bringen. Letzten Endes musste ich aber deinen Zeh in Ordnung bringen, weil die Gartenschere darauf fiel.
Die ganz krasse Unordnung passiert nicht täglich. Aber es gibt nunmal solche Tage, da ist tief durchatmen angesagt. Und an den wirklich wichtigen Dingen erfreuen.
Denn es sieht vielleicht fürchterlich aus. Doch wir beide waren 2 Stunden draußen. Haben im Garten gewerkelt. Pflanzen und Würmer bestaunt und uns über Lebewesen unterhalten und warum du besser nicht die Rinde des Baumes kaputt schlagen solltest, auch wenn es dich in den Fingern juckt. Du hast mich Löcher in den Bauch gefragt und ich hab dir in der Sonne sitzend geantwortet und beim spielen und entdecken zugeschaut.
Es gibt Tage, da stört mich Unordnung. Es gibt Tage wie heute, da kann ich damit umgehen und bin glücklich über das, was wir zusammen erlebt haben. Die Sonnenscheinhormone tanzen Salsa in mir und ich seh lächelnd über alle Unordnung und “was noch erledigt werden müsste” hinweg. Weil ich weiß, dass der richtige Zeitpunkt kommen wird. Dann nehm ich die leere Verpackung und bringe sie in den Müll. Oder mach eine 15-Minuten-Aufräumaktion und dann ist es wieder für 5 Minuten ordentlich. An manchen Tagen gelingt es mir, sofort alles wegzuräumen und für Ordnung zu sorgen und so möchte ich dir auch Vorbild sein. Aber genauso möchte ich dir vorleben, dass gemeinsame Zeit ein wertvolles Gut ist, dass es gilt zu genießen und vor den Haushalt zu stellen.
Zeit zum Aufräumen wird immer sein. Zeit mit dir verfliegt und kommt nicht wieder. Dann bist du groß, außer Haus und fragst mich nicht mehr, ob ein Stein ein Lebewesen ist.