Die Nahbarkeit des Unendlichen
Ich mag den Begriff “Weltall”. Es bringt das Große/Weite (All) und dennoch das uns unmittelbar umgebende, mikroskopisch Kleine (Welt) so schön auf den Punkt - obwohl es ja “nur” eine Übersetzung der Begriffe Universum (gesamt) und Kosmos (Ordnung) ist. Diesen Akt der pragmatischen, puren, direkten und unbefangenen Begriffskreierung findet man auch häufig bei Kindern wieder. Und das Schöne ist ja, dass man sie sofort versteht; das Lebendige in der Sprache sozusagen vor eigenen Augen erlebbar wird! Da wird dann eben mit der Schere geschert oder mit der Glocke gedongelt. Eine Tür ist auf, mehrere Türs sind aufen. Manchmal ist das Übers-10-Ecken-Denken eben gar nicht notwendig und das Einfache bedeutungsvoll genug.
Über die Jahre verliert sich dann diese Geradlinigkeit etwas und man verfällt ins Meta-Ebenen-Chaos und denkt viel vieeeeel zu kompliziert.
So ist das dann auch beim Weltall, das uns im Alltag zu abstrakt vorkommt und wir uns damit gar nicht mehr richtig beschäftigen. So ist auch nicht schwer zu erklären, warum Kinder viel interessierter am Weltall sind. Sie finden durch ihre Direktheit weitaus einfacher Bezug zur förmlich lähmenden Unendlichkeit, gerade weil sie diese auch nicht wie Erwachsene totdenken müssen. (Anm.: Und ja, mir ist bewusst, dass Kinder heutzutage bei der Berufswahl lieber zum Influencenden statt Astronauten tendieren, das schmälert dennoch nicht ihre große Faszination für das Weltall.)
Jedenfalls muss das gar nicht so einseitig sein. Lässt man seinen Blick unachtsam am Weltall vorbeischweifen, entgeht einem ein unglaublicher Einblick in sich selbst - quasi eine bewusstseinserweiternde Erfahrung. Denn wir sind unmittelbar mit dem Weltall verbunden. Was sich mal wieder nur sehr metaphorisch liest, ist in Wahrheit wortwörtlich zu nehmen. Wir bestehen nämlich wirklich hauptsächlich aus Atomen, die aus vor Milliarden von Jahren explodierten Sternen stammen! Das heißt z.B. auch, dass in unserem linken Auge unzählige Sternenatome stecken, die aus vollkommen unterschiedlichen Sternen hervorgingen, wie die in unserem rechten Auge. Damit wir existieren können, mussten also erst unzählige Sterne sterben! Wobei bei dieser theatralischen Beschreibung natürlich sehr viel Metaphorik und Pathos mitschwingt, kann man sich dennoch eventuell ein kleines, wehmütiges Tränchen nicht verkneifen. Ich finde jedenfalls die Intimität, mit der wir auf das Weltall blicken können, ziemlich ergreifend. Diese unfassbare Endlosigkeit des Weltalls destilliert in einem selbst wiederzufinden und durch sich selbst das Weltall so nahbar zu machen, zeigt wiederum wie unkompliziert das scheinbar viel zu komplizierte Weltall zu sein scheint.
Das Schöne ist, dass wir durch diese Beobachtung selbst Rückschlüsse daraus ziehen können, wie wir uns in dieser überwältigenden Unendlichkeit einordnen und darin navigieren können. Das Bedeutende in der Einfachheit sehen, die Nahbarkeit des Unendlichen hilft uns dabei.
Zur Inspiration: