Autismus: Zahnarzt

Aus gegebenem Anlass gibt es heute einen persönlichen Beitrag von mir zum Thema "Autismus und Zahnarzt".

Es ist nur ein kleiner Einblick. Ist nicht in jeder Praxis so und heutzutage kann ich besser damit umgehen als früher.
Dennoch verschafft es dir einen Überblick über meine Empfindungen.

Ich freue mich, dass du den Weg mit mir gehst und bin sehr gespannt auf deine Fragen und den Austausch mit dir.

Liebe Grüße, Jennifer

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Ein Besuch beim Zahnarzt. Das ist für die Mehrheit der Bevölkerung ein unangenehmer Gang. Die Menschen haben Angst vorm Zahnarzt, Angst vor Schmerzen, Angst, dass gebohrt werden muss.

Zahnarzt für mich als Autistin bedeutet weit mehr. Mehr Vorbereitungszeit, mehr Organisation, mehr Überlegungen.

Aber auch mehr Schmerzen und sonstige Unannehmlichkeiten durch sensorische Wahrnehmungen.

Ich organisiere meine Zahnarzttermine sehr genau. Sie müssen in meinen Tagesablauf passen und sich nach meinem Essensplan richten. Ich frage vorher wie lange die Wartezeit ist und wie lange die Behandlungsdauer. Ich stelle viele Fragen und plane alles akribisch.

Meine Sensorik ist derart verschärft und mein Gehirn so reizdurchlässig, dass ich vor allem visuell, olfaktorisch und auditiv Probleme in einer Zahnarztpraxis habe. Das Bild des Zahnes zeigt sehr gut wie ich aussehe während ich auf dem Behandlungsstuhl bin.

Mir wird schwindlig bei dem grell-weißen Licht, ich fühle mich wie benommen. Mir wird schlecht. Ich bekomme Angst.

Mir wird übel beim Geruch der Mitpatienten, des Zahnarztes und der Zahnarzthelferin. Ich muss meine Atmung kontrollieren.

Ich bekomme Schweißausbrüche bei der Raumtemperatur.

Ich bekomme Zuckungen und Verkrampfungen bei den Geräuschen der Geräte in meinem Mund. Meine Ohren schmerzen.

Ich verhasple mich und mache komische Witze in der Kommunikation mit meinen Mitmenschen.

Ich fühle mich unwohl mit ihnen zu sprechen.

Ich kann ihnen nicht in die Augen sehen, ohne dass sich alles in mir dreht.

Ich will niemand seine Angst und seine Schmerzen absprechen. Ich spreche und schreibe hier lediglich über mich, meine Erfahrungen und Empfindungen. Ganz so wie ich es erlebe.