Autismus: Small Talk Teil 1
Ich habe euch gefragt. Ihr habt abgestimmt. Das Thema mit den zweitmeisten Stimmen war: "Autismus und Small Talk". Ich habe es - genau woe beim Thema "Soziale Kontakte" - Teil 1 genannt, weil ich beim Schreiben gemerkt habe, dass ich da noch weit mehr dazu zu sagen habe, als in einen Beitrag passt. Daher wird es irgendwann Teil 2 geben.
Gerne swipen ;-)
Wie sieht es bei dir aus mit Small Talk? Gerne? Nicht gerne? Hast du bestimmte (Small Talk) Themen auf Lager für den Fall der Fälle?
Liebe Grüße, Jennifer
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Definition:
Als Small Talk oder Alltagsgespräch (Plauderei, Geplänkel, im Dialekt unter anderem Schwatzen, Quatschen, Plauschen, Plaudern, Plausch, Schnack) bezeichnet man ein Gespräch, das spontan, zufällig, locker und in einem umgangssprachlichen Ton geführt wird, in dem es sich zumeist um Themen der privaten Lebenssphäre handelt.
Quelle: Wikipedia
Mögliche Themen für den Small Talk in Deutschland sind:
- Wetter
- Geschäftsreisen
- Urlaub
- Freizeit
- Hobbys
- Ausbildung und Berufsweg
- Städte und Länder
- große sportliche und kulturelle Events
- Allgemeines über die Familie
Tabuthemen sind:
- Politik
- Religion
- Gehalt
- Interna der Firma
- schlechte Arbeitsbedingungen
- persönliche Probleme
- Krankheiten
- intime Fragen zur Familie
Quelle: www.deutsch-perfekt.com
Ich mag keinen Small Talk. Aus mehreren Gründen:
- Ich mag es weder spontan und zufällig noch locker mit teilweise wildfremden Menschen zu reden. Meistens will ich meine Ruhe. Um mein Nervensystem zu regulieren.
- Mir fällt es schwer spontan ein Thema zu finden zur lockeren Unterhaltung zu finden.
- Ich habe genug Themen, keines davon eignet sich aber, meinem Gegenüber davon zu berichten.
- Mir fällt es schwer gesellschaftlich anerkannte und adäquate Antworten zu finden ohne negativ aufzufallen. (Oft, weil ich die Aussagen “doof” finde.)
- Ich finde Small Talk schlicht langweilig und mein Gehirn schaltet dann ab. Es ödet mich an, über sinnlose Dinge zu sprechen.
- Ich benötige meine Energie für die “richtigen” Gespräche.
Das heißt nicht, dass ich mich prinzipiell ungern unterhalte. Es muss aber alles in diesem Augenblick passen. Mensch, Zeitpunkt, Wohlbefinden.
Ich merke, wenn es rein unnötiges Geplänkel ist, dass ich innerlich meistens die Augen verdrehe, weil ich viele Floskeln doof finde und auch keine Antworten zu geben weiß und dann schweige. Sollte ich eine Antwort geben, würde sie eher unfreundlich klingen.
Tatsächlich gibt es ein klassisches Small Talk Thema, über das ich gerne rede: Das Wetter.
Allerdings nicht im Sinne von Small Talk. Ich rede wirklich gerne über das Wetter. Weil ich es faszinierend finde. Und nicht nur, wenn es mal einen Regenbogen gibt. Auch wenn die Sonne scheint und es ein paar Meter weiter regnet. Oder wenn das Wetter anders ist, als die Wetter-App meint. Oder die verschiedenen Arten von Regen! Oder wie die Wolken aussehen und fliegen! Auch mal Hagel. Oder der mächtige Wind...
Du siehst schon, ich könnte das immer so weiter führen. Einfach, weil für mich eine Faszination dahinter steckt.
Das geht mir mit den wenigsten Small Talk Themen so. Und wenn von einem Thema keine Faszination ausgeht, ist es schwer für mich, Interesse dafür aufzubringen oder am Ball zu bleiben. (RW)
Und nicht zuletzt muss die Sympathie mit meinem Gegenüber stimmen. Sonst ist alle Small Talk Mühe vergeblich.
Ich erfülle also wahrhaftig das Klischee: Autistische Menschen können keinen Small Talk bzw. können mit Small Talk nichts anfangen.
Für mich braucht es mehr.
Mehr Tiefgang. Mehr Sinn.
Und von allem anderen weniger.
Weniger belanglos.
Weniger spontan.