Autismus: Ein entspannter Spaziergang?
Diesen Text von mir habe ich recycled, um ihn ebenfalls in die Autismus-Reihe mit aufnehmen zu können.
Der Text handelt von einem Spaziergang, den ich noch in Stuttgart gemacht habe. Es ging mir an dem Tag nicht gut und ich habe mich gezwungen raus zu gehen, weil das ja angeblich guttun soll. Leider ist dies nicht immer so. Vor allem, wenn alle Antennen sowieso auf Alarm stehen und empfänglich für wirklich alle Reize sind.
Es ist ein kleiner Einblick in meine autistische Welt. Ich freue mich, dass du hier bist und Interesse an mir und meinen Gedanken hast. Danke für deine Unterstützung.
Ich möchte zur Aufklärung beitragen und damit die Sichtbarkeit neurodivergenter Perspektiven erhöhen.
Ich bin sehr gespannt auf deine Fragen und den Austausch mit dir.
Liebe Grüße, Jennifer
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Was genau verstehst du darunter? Ein Gang durch die Natur mit zwitschernden Vögeln, Blätterrascheln, blauem Himmel und Sonnenschein?
Ich war heute spazieren. Ich wollte es genießen. Wirklich. Spazieren gehen soll ja guttun.
Aber wenn ich von Reizüberflutung spreche, können auch die Reize und Sinneseindrücke bei einem Spaziergang in der Natur gemeint sein. Ja, auch Naturgeräusche können und dürfen einem zu viel werden. Je nach Verfassung, können sie als sehr störend empfunden werden.
Jedes Geräusch könnte eines zu viel sein. Egal, was andere denken oder empfinden oder als toll und entspannend ansehen. Ich muss das nicht und mein Körper tut das schon gar nicht. Und auch wenn es gesellschaftlich gesehen anerkannt ist, dass man sich über Regen oder das “schlechte” Wetter aufregt und strahlenden Sonnenschein mit nur wenigen Schönwetter-Wölkchen herbeisehnt und genießt, so muss das nicht auf jeden zutreffen.
Ich war heute spazieren. Ich wollte es genießen. Ich lief und lief.
Dort raschelte es im Laub. Schräg gegenüber zwitscherte ein Vogel. Ein Hund kam auf mich zugerannt - ohne Leine. Ein Flugobjekt störte die scheinbare Ruhe. Ein Hund in einem Schrebergarten bellte. Das Auto raste mit heulendem Motor an mir vorbei. Ich schwankte kurz. Ich lief weiter.
Ich versuchte der Blendung der Sonne zu entgehen. Das Licht war mir zu hell. Mir wurde schwummrig. Im Schrebergarten nebenan mähte jemand den Rasen. Ich roch ein sehr starkes Parfum, nachdem die Frau an mir vorbei gelaufen war. Alles in mir drehte sich. Ich hörte Geschrei beim Fußballtraining und versuchte mich kurz für die Kinder zu freuen - bis die Trainer aggressive Befehle von sich ließen und mir ein weiterer seltsamer Duft in die Nase stieg.
Es war nicht mein entspanntester Spaziergang, aber ich hab das beste daraus gemacht. Und hej, es heißt nicht, dass ich Naturgeräusche nicht liebe. Aber es gibt eben auch davon und vor allem in Kombination mit anderen Geräuschen, Gerüchen und visuellen Eindrücken, ein Übermaß.
Mein perfekter Spaziergang beinhaltet wenige Geräusche sowie schöne Wolken, rauschende Wellen und gern auch mal ein bisschen Nieselregen.
Denk dran:
Jeder Mensch empfindet anders.
Kennst du eine Autistin, kennst du eine Autistin.
Kennst du eine neurotypische Person, kennst du einen neurotypische Person.
Kennst du einen Menschen, kennst du einen Menschen.